«Von den Kindern kann man leben lernen und selig werden.» Johann Wolfgang von Goethe
Osteopathie, Schwangerschaft, Babys & Kinder
Als Ursache für unterschiedliche Probleme im Säuglingsalter gelten eine ungünstige Lage im Mutterleib vor oder während der Geburt, übermäßiger Druck auf den Schädel des Säuglings im Geburtskanal, Stagnation des Geburtsvorgangs und ein Kaiserschnitt.
Im Säuglingsalter treten zum Beispiel Saugstörungen oder Stillprobleme auf, die das Gedeihen des Babys behindern und den Aufbau des durch Stillen entstehenden Nestschutzes beeinträchtigen können.
Im Bereich der Schädelbasis befinden sich Austrittstellen für Hirnnerven, die die Funktion des Saugens und Schluckens regulieren. Vorhandene Engstellen beeinflussen das Saugen und Schlucken negativ.
Eine Verbesserung der Beweglichkeit der Knochen der Schädelbasis bietet heirzu einen Behandlungsansatz.
In den ersten 3 Lebensmonaten leiden Babys nicht selten an Koliken1. Eine Ursache ist die physiologische Umstellung des Darms, wegen der veränderten Nahrungsaufnahme: Einerseits im Mutterleib über die Nabelschnur und nun als Säugling über das eigene, sich erst im Aufbau befindliche, Verdauungssystem. Hinweise für Koliken über das normale Maß hinaus sind übermäßiges Schreien, vermehrte Unruhe, ein sich krümmendes Baby, ein aufgeblähter Bauch und eine erhöhte Darmtätigkeit.
Bei Speikindern ist in erster Linie zu unterscheiden, ob das Kind an Körpergewicht zunimmt oder nicht. Eine Gedeihstörung kann durch eine ernsthafte Erkrankung, wie eine Verengung der Speiseröhre, resultieren. Ein gewisses Maß an Heraufwürgen von Mageninhalt ist bei Säuglingen normal. Geschieht dies jedoch in einer Regelmäßigkeit, deutet dies auf einen gastroösophagealen Reflux2 hin, das heißt, durch den Mageneingang tritt die bereits mit Salzsäure versetzte Nahrung die Speiseröhre wieder hinauf und reizt diese. Darüber hinaus kann die Salzsäure sogar die Stimmbänder, was sich als Heiserkeit und die Atemwege, was sich als Bronchitis zeigen kann, irritieren. Auch diese Säuglinge können gegebenenfalls vermehrt Schreien, überstrecken häufig die ganze Wirbelsäule, schlucken oft, kauen und schlafen tagsüber wenig.
Das Wachstum und die fortschreitenden motorischen Fähigkeiten lassen die Ess- und Verdauungsprobleme allmählich verschwinden. Vorhanden bleibt allzu oft ein ungünstiges Schlafverhalten.
Das KISS-Syndrom3 (Kopfgelenk induzierte Symmetriestörung) ist ein häufiges Thema in der Osteopathie für Säuglinge. Es ist für die Eltern als Bewegungsstörung der Halswirbelsäule erkennbar und wird unterteilt in KISS I4, bei dem das Kind den Kopf einseitig hält und KISS II5, das mit einer fixierten, überstreckten Zwangshaltung einhergeht. Anfangs wird beschwichtigend von der so genannten Schokoladenseite geredet. Kommt es wegen der einseitigen Lage des Kopfes auf Basis der noch gut beweglichen Schädelknochen zu Deformitäten des Schädels, wird der Handlungsbedarf kenntlich. Der Rumpf liegt zu dem sichelförmig und überstreckt.
Mitunter wird der Osteopath mit unspezifischen Fragestellungen, wie Schlafstörungen oder übermäßigen Schreien als Beschwerdebild beim Säugling konfrontiert. Die Eltern bezeichnen ihr Kind als Schreibaby. Doch was ist das eigentlich? Eine Erkrankung ist dies nicht, sondern eine Bezeichnung für ein Vorkommen übermäßigen Schreiens, dessen Ursache jedoch unklar ist. Eine Faustregel definiert das übermäßige Schreien: Der Säugling schreit mehr als 3 Stunden täglich, mehr als 3 Tage in der Woche, während 3 Wochen. Die Ursachen sind unter anderem in den oben aufgezählten Störungen zu suchen.
Aus rechtlichen Gründen wird darauf hingewiesen, dass in der Benennung der beispielhaft aufgeführten Anwendungsgebiete selbstverständlich kein Heilversprechen oder die Garantie einer Linderung oder Verbesserung aufgeführter Krankheitszustände liegen kann. Die Anwendungsgebiete beruhen auf Erkenntnissen und Erfahrungen in der hier vorgestellten Therapierichtung selbst. Nicht für jeden Bereich besteht eine relevante Anzahl von gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen, d.h. evidenzbasierten Studien, die die Wirkung bzw. therapeutische Wirksamkeit belegen.
Definitionen:
1 Kolik: krampfartige Leibschmerzen infolge krampfartiger Anspannungen eines Bauchhohlorgans, wie zum Beispiel des Darms mit Zug des Aufhängesystems dieses Organs und Reizung der dort verlaufenden Nerven
(Vgl. Badenhoop, K. et al., 1998, S. 840).
2 Gastroösophagealer Reflux: Rückfluss von Magenflüssigkeit in die Speiseröhre (Vgl. Badenhoop, K. et al., 1998, S. 1357)
3 KISS-Syndrom: Kopfgelenk induzierte Symmetriestörung durch schmerzhafte Verspannungen des oberen Halses ausgelöstes Beschwerdebild bei Kindern (Vgl. H. Biedermann, 2007, S. 1), das unterteilt wird in KISS I und KISS II (Vgl. H. Biedermann, 2007, S. 18) - Bezüglich dieses Syndroms gibt es keine wissenschaftlich gesicherten Studien.
4 KISS I: Kopfgelenk induzierte Symmetriestörung I; Säuglinge bei denen der Kopf in einer fixierten Seitneigung schief steht (Vgl. H. Biedermann, 2007, S. 18) - Bezüglich dieses Syndroms gibt es keine wissenschaftlich gesicherten Studien.
5 KISS II: Kopfgelenk induzierte Symmetriestörung I; Säuglinge, die den Kopf häufig nach hinten überstrecken (Vgl. H. Biedermann, 2007, S. 18) - Bezüglich dieses Syndroms gibt es keine wissenschaftlich gesicherten Studien.
Literaturverzeichnis:
Badenhoop, K. et al., Pschyrembel, 1998, 258, Berlin, Walter de Gruyter
Biedermann, H., KISS-Kinder, 2007, 3,Stuttgart, Thieme Verlag